Die Initiativen zur Erhaltung von mündlich überlieferten Flur- und Hofnamen und anderen geografischen Namen in Kärnten haben mit der Aufnahme in das Verzeichnis der Österreichischen UNESCO-Kommission vor 15 Jahren, im März 2010, eine wesentliche Unterstützung und vor allem eine außerordentliche Motivation erhalten! Die Grundlage für die Anerkennung waren die ersten beiden Karten mit slowenischen Flur- und Hofnamen von Köttmannsdorf/Kotmara vas und Zell/Sele. Sie entstanden aus unabhängigen lokalen kulturellen und bäuerlich-wirtschaftlichen Initiativen. Die durch die Anerkennung ausgelöste breite öffentliche Aufmerksamkeit und Begeisterung bei den Kulturinitiativen hat neuen Schwung und zahlreiche Ergebnisse gebracht. Die sichtbarsten sind die gedruckten Karten und das Kulturportal FLU-LED (www.ledinskaimena.si, www.flurnamen.at), die das gesellschaftliche Bewusstsein für die Bedeutung dieses immateriellen Kulturerbes stark beeinfluss(t)en. Bislang wurden 11 gedruckte Karten für 8 Gemeinden veröffentlicht, darunter die Gemeindekarte von Zell/Sele, und eine Reihe weiterer Karten ist in Vorbereitung. Das Internetportal FLU-LED stellt die bisher gedruckten Karten (im PDF-Format) von Kärnten und der Region Gorenjska (Oberkrain) online zur Verfügung. In einigen Gemeinden wurden auch Audiodokumentationen von Dialektnamen erstellt. Auf der Grundlage dieser Sammlungen und Karten, in denen die Namen lokalisiert und im lokalen Dialekt und in einer standardisierten Form geschrieben sind, werden Forschungen zur wissenschaftlichen Interpretation der Namen und zu ihrem historischen Ursprung durchgeführt.
Im Jahr 2024 erschien das Nachschlagwerk über die Namenslandschaft von Köttmannsdorf/Kotmara vas, das von Vinko Wieser in Zusammenarbeit mit Fachleuten erstellt wurde. Das Nachschlagwerk beinhaltet grundlegende Erklärungen der Bedeutung und der Herkunft der geografischen Namen. Diese wurden von einfachen Leuten vergeben, um sich in der unmittelbaren Umgebung orientieren zu können. Das „GPS der Bauern“
wurde auch von der Herrschaft angenommen. Die historischen Quellen, die Aufzeichnungen der Dietrichsteinschen Grundherrschaft Hollenburg, die über 250 Jahre alt und zum Zwecke der Erhebung der Abgaben entstanden sind, zeugen von der Langlebigkeit der Flur- und Hofnamen, da zahlreiche historisch dokumentierte Namen noch heute in Verwendung sind. Die Recherchen lassen die Annahme zu, dass Namen teils auch über 1000 Jahre alt sind. Sie sind für das Verständnis der geschichtlichen und gesellschaftlichen Entwicklung der zweisprachigen Orte von großer Bedeutung.
Auf lokaler Ebene gibt es neben der Erfassung von Namen auf Karten und den Audiodokumentationen zahlreiche Initiativen, um lokale Namen sichtbar zu machen und zu erhalten: Flurwanderungen, Projekte mit Volksschulen, Projekte am Slowenischen Gymnasium und am Gymnasium in Völkermarkt, Fachvorträge, Ausstellungen, wissenschaftliche Tagungen, Hausnamen auf Häusern und Grabsteinen, zweisprachige (lokale) Namen an Bushaltestellen usw.
Das Projekt der Dokumentation von überlieferten Namen, bei dem die lokale Bevölkerung und Fachexpert:innen zusammenarbeiten, findet auch international Beachtung. Es wurde in der Expert:innengruppe der Vereinten Nationen für geografische Namen (UNGEGN) mehrfach als Beispiel für gute Praxis der (lebendigen) Erhaltung von geografischen (Minderheiten-)Namen vorgestellt. Die Standardisierung von geografischen Namen, die noch nicht auf offiziellen Karten verzeichnet sind, und die öffentliche Verwendung von zweisprachigen Namen im Rahmen der Gemeindeautonomie sind ebenfalls bedeutsam. Im Rahmen des FLU-LED-Projekts wurde eine einheitliche Methodik für die phonetische Transkription und die Standardisierung von mündlich überlieferten slowenischen geografischen Namen verfasst, die nun auch in Slowenien und in den Regionen der autochthonen slowenischen Mindeheiten in Italien, Österreich (Kärnten und Steiermark) und Ungarn verwendet wird.
Im Jahr 2019 wurde das Projekt der Dokumentation von geografischen Namen von der Österreichischen UNESCO-Kommission als Gutes-Praxis-Beispiel (Good Practice) ausgezeichnet, weil es die Ziele des UNESCO-Übereinkommens für das Immaterielle Kulturerbe von 2003 vorbildlich umsetzt: a) Schutz des immateriellen Kulturerbes, b) Gewährleistung der Achtung des immateriellen Kulturerbes, c) Weitergabe kultureller Praktiken an jüngere Generationen sowie d) Stärkung der Zusammenarbeit und Unterstützung auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene.
Der Kulturgeograf Peter Jordan weist darauf hin, dass Kärnten die lokalen Namen und die Zweisprachigkeit viel mehr für touristische Zwecke nutzen könnte, da dieses Erbe Kärnten kulturell und sprachlich bereichert und eine sichtbares Erkennungmerkmal ist.
Vinko Wieser, Redakteur des Kulturportals FLU-LED, Slowenischer Kulturverband (SPZ)
Martina Piko-Rustia, Slowenisches Volkskundeinstitut Urban Jarnik, Christlicher Kulturverband (KKZ)