Bericht: Dokumentation von geographischen Namen in Kärnten

Bei der Sitzung des Dialogforums am 23. 9. 2020 wurden von Mag.a Martina Piko-Rustia (Slowenisches Volkskundeinstitut Urban Jarnik) und DI Peter Fercher (Kärntner Bildungswerk) die Sammlungen von Flur- und Hofnamen im zweisprachigen Gebiet Kärntens und darüber hinaus vorgestellt. Das Kärntner Bildungswerk und das Institut Urban Jarnik kooperieren seit dem Jahr 2008. In den Jahren 2008–2011 wurde gemeinsam das grenzüberschreitende EU-Projekt zur Erfassung der Flur- und Kleindenkmäler in Kärnten und in der Region Koroška in Slowenien durchgeführt (www.kleindenkmaeler.at). Beim Flur- und Hofnamenprojekt in Kärnten, das von slowenischen Kulturvereinen, Einzelpersonen und slowenischen bäuerlichen Interessensgemeinschaften seit dem Jahr 2008 kontinuierlich durchgeführt wird, gibt es mit dem Kärntner Bildungswerk, das sich auch diesem Thema widmet, einen Erfahrungsaustausch in Form von Veranstaltungen und Workshops.

Seit August 2021 wird vom Land Kärnten und dem Kärntner Bildungswerk ein Projekt zur Erfassung von Orts-, Feld-, Flur- und Vulgar- bzw. Hofnamen im Bezirk Völkermarkt durchgeführt, um einen Beitrag zur Sicherung des immateriellen Kulturerbes zu leisten. Dazu werden in den Gemeinden des Bezirkes Völkermarkt interaktive Ausstellungen organisiert, bei denen Richtigstellungen oder Neuerfassungen durch die Bevölkerung getätigt werden können. Die ausgestellten Karten wurden auf der Grundlage der Daten aus dem Franziszeischen Kataster, aus den Flächenwidmungsplänen und aus dem AGWR (Adress- Gebäude- und Wohnungsregister) des Landes Kärnten vorbereitet. Bei den abschließenden Namenswerkstätten sind Ansprechpersonen des Kärntner Bildungswerkes und des Institutes Urban Jarnik anwesend, mit denen die Namen im Kartenwerk diskutiert werden können. Das Institut Urban Jarnik wurde vom Kärntner Bildungswerk in das Projekt eingebunden, da es über jahrelange Erfahrung im Dokumentieren von Haus-, Hof- und Flurnamen verfügt.

Da es sich hier um die amtliche Verwendung von geographischen Namen handelt, ist es sinnvoll, die Namen in der Standardsprache niederzuschreiben. Im Rahmen des grenzüberschreitenden Projektes FLU-LED wurden in Zusammenarbeit des Institutes Urban Jarnik und des Institutes für die slowenische Sprache an der Slowenischen Akademie für Künste und Wissenschaften in Ljubljana (Slovenska akademija znanosti in umetnosti) einheitliche Methoden für die Standardisierung von slowenischen Namen (auf der Grundlage von Dialektnamen) ausgearbeitet, die sich auch in der Praxis bewähren und von der lokalen Bevölkerung in Südkärnten angenommen werden. (Siehe: https://www.flurnamen.at/wp-content/uploads/2018/11/metode.pdf)

Das Pilotprojekt in Völkermarkt wirft grundsätzliche Fragen der Verwendung von Minderheitennamen auf amtlichen Karten auf, deshalb wird das Institut Urban Jarnik diesbezüglich Experten aus der Arbeitsgemeinschaft für Kartographische Ortsnamenkunde (AKO) beiziehen, insbesondere Dr. Peter Jordan, Ehrenvorsitzender der AKO, und Dr. Heinz-Dieter Pohl, Mitglied der AKO, die ihre Erfahrungen als anerkannte Wissenschaftler und als „Kärntner“ einbringen können. Erfahrungen mit der Dokumentation und Standardisierung von Flur- und Hofnamen in Tirol hat auch Dr. Gerhard Rampl, Vorsitzender der AKO.
Auf amtlichen Karten in Österreich sollten amtliche zweisprachige Ortsnamen zweisprachig mit Schrägstrich verzeichnet werden (Bleiburg/Pliberk). Die Grundlage für die slowenischen Ortsnamen in Kärnten ist das Ortsnamenbuch von Dr. Pavel Zdovc. „Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) ist daran interessiert, Namen von geographischen Objekten (z.B. Berg- und Gewässernamen), auch geographische Namen in Minderheitensprachen, in amtliche Karten (vor allem in die ÖK 25) aufzunehmen. Deshalb sind Dokumentationen überlieferter und lokal gebräuchlicher geographischer Namen in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung von großer Bedeutung.“ (Peter Jordan)

Die slowenischen Flur- und Hofnamen sind seit 2010 immaterielles Kulturerbe der Österreichischen UNESCO-Kommission und werden seit 2008 in zweisprachigen Gemeinden intensiv dokumentiert und auf Landkarten publiziert. Alle bisher veröffentlichten Karten (neun Karten für acht Gemeinden) sowie eine digitale Landkarte, teilweise mit Hörbeispielen, sind auf dem grenzüberschreitenden Kulturportal FLU-LED zugänglich (www.flurnamen.at, www.ledinskaimena.si). Zahlreiche weitere Karten sind in Arbeit.

Die Träger des Projektes FLU-LED sind die zentralen Kulturorganisationen der Kärntner Slowenen (Slowenischer Kulturverband und Christlicher Kulturverband) in Zusammenarbeit mit dem Institut Urban Jarnik. Die Resultate des Projektes FLU-LED stehen dem Land Kärnten zur Verfügung und sind auch auf der Webseite des KAGIS veröffentlicht (https://gis.ktn.gv.at/webgisviewer/atlas-mobile/map/KAGIS-Projekte/Slowenische%20Flurnamen).
Die standardisierten slowenischen Namen können für die Weiterbearbeitung von Karten im KAGIS verwendet werden (in Zusammenarbeit mit den Trägern des Projektes FLU-LED).

Beide Kulturorganisationen und das Institut Urban Jarnik regen die lokale Bevölkerung an, im Bezirk Völkermarkt beim Pilotprojekt mitzuwirken. Das Interesse ist vorhanden, leider ist die Zeit sehr knapp. Es können in dieser kurzen Zeit nur beispielhaft einzelne Ortschaften oder einzelne Themenbereiche behandelt werden. Jedoch regt das Projekt auch in dieser kurz bemessenen Zeit interessante Diskussionen an und weckt bei der Bevölkerung das Interesse für die überlieferten Namen.

Vorbereitet von:
Slowenischer Kulturverband/Slovenska prosvetna zveza und Christlicher Kulturverband/Krščanska kulturna zveza (Projekt FLU-LED)
Slowenisches Volkskundeinstitut Urban Jarnik/Slovenski narodopisni inštitut Urban Jarnik und Slowenisches wissenschaftliches Institut/Slovenski znanstveni inštitut, Klagenfurt/Celovec

Bericht
Beiträge über geographische Namen in Kärnten für die Sitzung der Expertengruppe für geographische Namen bei den Vereinten Nationen – UNGEGN (United Nations Group of Experts on Geographical Names)
Die Sitzung der UNGEGN fand vom 3. bis 7. Mai 2021 virtuell statt. Für die Sitzung wurden u.a. auch Beiträge über geographische Namen in Kärnten übermittelt. Diese wurden bei der virtuellen Sitzung von Dr. Peter Jordan, Ehrenvorsitzender der AKO (Arbeitsgemeinschaft für Kartographische Ortsnamenkunde), vorgestellt.
Die Berichte sind auf der Webseite der UNGEGN veröffentlicht.

JORDAN Peter, PIKO-RUSTIA Martina:
Harmonizing names of features intersected by the national boundary of Austria
(https://unstats.un.org/unsd/ungegn/sessions/2nd_session_2021/documents/GEGN.2_2021_72_CRP.72_6a_Border_names.pdf)
Bei der Eröffnung der UNGEGN-Sitzung wurde vom Assistant Secretary-General der ECOSOC als Begrüßendem von Seiten der UNO das Grenznamenprojekt als einziges herausgehoben und als beispielhaft für internationale Zusammenarbeit hingestellt.

PIKO-RUSTIA Martina, OLIP Nanti, APOVNIK Pavel, DOMEJ Teodor:
Utilization of communal autonomy to implement additional bilingual names of populated places and streets in Carinthia
(https://unstats.un.org/unsd/ungegn/sessions/2nd_session_2021/documents/GEGN.2_2021_71_CRP71_12_communal_autonomy.pdf)
Es ist erfreulich und beispielhaft, dass Gemeinden im zweisprachigen Gebiet die Gemeindeautonomie für die Aufstellung weiterer zweisprachiger Ortstafeln nutzen.

JORDAN Peter:
Place name politics in multilingual areas: a comparative study of southern Carinthia, Austria, and the Těšín/Cieszyn region, Czechia
(https://unstats.un.org/unsd/ungegn/sessions/2nd_session_2021/documents/GEGN.2_2021_75_CRP75_12_Minorities_book.pdf)
Das Buch “Place-Name Politics in Multilingual Areas – A Comparative Study of Southern Carinthia (Austria) and the Těšín/Cieszyn Region (Czechia)” (Authors Jordan, P., Mácha, P., Balode, M., Krticka, L., Obrusnik, U., Pilch, P., Sancho Reinoso, A.) ist im August 2021 erschienen. Es wird im Jänner 2022 in Klagenfurt präsentiert.